Die Patientenverfügung
Aufgrund von Krankheit, Alter oder Unfall kann jeder in die Lage geraten, dass er nicht mehr selbst über eine ärztliche Behandlung oder einen medizinischen Eingriff wie z.B. eine Operation entscheiden kann. Mithilfe einer Patientenverfügung können Sie im Voraus selbst festlegen, welche Eingriffe Sie z.B. grundsätzlich ablehnen und in welche Maßnahmen Sie einwilligen. Das Ziel einer Patientenverfügung ist damit die Selbstbestimmung für den Fall, dass man seinen Willen zu einer Behandlung nicht äußern kann.
Nachfolgend haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zur Patientenverfügung für eine erste Orientierung zusammengestellt.
Was ist eine Patientenverfügung?
Die Patientenverfügung ist ein Vorsorgedokument. Wenn man für gesundheitliche Grenzsituationen des Lebens vorsorgen möchte, dann hat man die Möglichkeit mit einer Patientenverfügung mitzuteilen, ob man in der konkret beschriebenen Lebens- und Behandlungssituation in medizinische Maßnahmen einwilligen oder diese untersagen möchte. So üben Sie vorab Ihr Selbstbestimmungsrecht aus für den Fall, dass Sie bei einer schweren Krankheit oder nach einem Unfall Ihren Willen nicht mehr äußern können.
Bis zu dem Moment behalten Sie selbstverständlich das Recht, Ihre Verfügung jederzeit ganz oder in Teilen zu ändern.
Der Deutsche Bundestag hat die Patientenverfügung im Jahre 2009 gesetzlich geregelt und in das Betreuungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches aufgenommen. Mit der Patientenverfügung kann man so Einfluss auf eine spätere Behandlung nehmen und das Selbstbestimmungsrecht wahren, auch wenn man sich hierzu nicht mehr selbst äußern kann.
Gesetzliche Definition der Patientenverfügung
Lt. § 1901a BGB Abs. 1 Satz 1 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kommt für die Patientenverfügung die folgende Definition zum Tragen:
„Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. […]“
Bei einer Patientenverfügung handelt es sich also um eine schriftliche Vorausverfügung Ihres Willens für Behandlungssituationen, die noch nicht unmittelbar bevorstehen.
Wozu dient eine Patientenverfügung?
Solange man selbst über medizinische Maßnahmen entscheiden kann, dürfen Ärztinnen und Ärzte den Patienten nur dann behandeln, wenn dieser in die Behandlung zuvor eingewilligt hat. Dies geht hervor aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 630d Einwilligung).
Mit einer Patientenverfügung hat in Deutschland jeder volljährige Bürger die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt vorsorglich festzulegen, ob und inwieweit man in eine ärztliche oder pflegerische Behandlung einwilligt oder diese ablehnt. Eine Patientenverfügung ist für alle Beteiligten, also für Ärzte und Pfleger und genauso für gesetzliche Betreuer sowie Betreuungsgerichte verbindlich.
Wenn eine Einwilligung nicht mehr möglich ist und keine Patientenverfügung vorliegt, obliegt die Entscheidung darüber, ob in eine medizinische Maßnahme bzw. Behandlung eingewilligt wird oder nicht, grundsätzlich einer Vertreterin oder einem Vertreter.
Ihre Patientenverfügung findet nur dann Beachtung, wenn Sie selbst Ihren Behandlungswillen nicht mehr selbst bilden oder zum Ausdruck bringen können!
Weder Ehepartner noch Kinder oder andere nahe Angehörige dürfen Sie ohne Weiteres vertreten, wenn Sie selbst nicht mehr dazu imstande sind in eine Behandlung einzuwilligen oder diese abzulehnen. Angehörige dürfen nur in zwei Fällen stellvertretend für Sie entscheiden oder Erklärungen abgeben: entweder aufgrund einer Vorsorgevollmacht die Sie Ihnen früher erteilt haben oder wenn diese aufgrund einer Betreuungsverfügung gesetzliche Betreuer sind.
Im Januar 2023 wurde zumindest für Ehegatten ein Notvertretungsrecht eingeführt, das eine zeitlich auf ein halbes Jahr begrenzte Notvertretung für Ehegatten in gesundheitlichen Belangen ermöglicht (siehe § 1358 BGB Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge).
Wie kann man eine Patientenverfügung erstellen?
Das Gesetz sieht vor, dass eine Patientenverfügung schriftlich verfasst werden muss.
Dies kann handschriftlich oder mit dem Computer geschehen. Die Patientenverfügung muss eigenhändig unterschrieben werden und sollte mit Datum versehen sein. Nur so ist erkennbar, wie aktuell Ihre Patientenverfügung ist und ob bzw. wann Sie diese ggf. erneuert haben.
Zur Rechtswirksamkeit einer Patientenverfügung gibt es gesetzliche Vorgaben.
- Jeder der eine rechtswirksamen Patientenverfügung erstellen will, muss zu diesem Zeitpunkt volljährig und einwilligungsfähig sein. Als einwilligungsfähig gilt allgemein ein Patient, der den Inhalt und die Bedeutung der medizinischen Fragestellung und der notwendigen Entscheidung verstehen kann. Bei einem volljährigen Patienten kann der Arzt von dessen Einwilligungsfähigkeit ausgehen, solange keine Hinweise auf eine eingeschränkte oder fehlende Einwilligungsfähigkeit bestehen.
- Nach dem Gesetz gilt eine Patientenverfügung als wirksam und verbindlich, wenn sie die vorliegende Lebens- und Behandlungssituation konkret beschreibt. Dies gilt unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung.
- Es bleibt jedem, der eine Patientenverfügung verfassen möchte freigestellt, ob er dafür eine ärztliche oder rechtliche Beratung in Anspruch nehmen möchte. Dennoch wird angesichts der vielschichtigen medizinischen Fragestellungen eine fachkundige Beratung durch den Arzt ihres Vertrauens als auch die Aktualisierung dringend angeraten, auch wenn der Gesetzgeber auf die Verpflichtung hierzu verzichtet hat.
- Es besteht keine Verpflichtung, eine Patientenverfügungen regelmäßig zu aktualisieren.
- Eine wirksame Patientenverfügung muss zwar schriftlich erstellt werden, ein Widerruf ist jedoch jederzeit und formlos möglich. Dies bedeutet, dass Sie Ihre Patientenverfügung durch eine aktuelle Willensäußerung, auch mündlich oder wenn dies nicht möglich ist, durch entsprechende Gesten, jederzeit ändern oder außer Kraft setzen können.
Wo kann man sich zur Patientenverfügung beraten lassen?
Es gibt im Internet zum Thema Patientenverfügung zahlreiche Informationen. In der Masse die für sich wichtigen Fakten zu finden ist aufwändig. Oft weiß man auch nach dem Lesen der verschiedenen Artikel nicht immer, was zu tun ist.
Grundsätzlich wird empfohlen, zu einer Patientenverfügung den Rat eines Arztes einzuholen. Das kann z.B. auch Ihr Hausarzt sein, der Ihren Gesundheitszustand in der Regel gut kennt. Fragen Sie ihn nach einem Beratungstermin, wenn Sie eine Patientenverfügung erstellen oder eventuell ändern möchten. Medizinische Begriffe wie Wiederbelebung, künstliche Ernährung oder Künstliche Beatmung, die man als Laie möglicherweise nicht so gut versteht, kann man sich hierbei erklären lassen.
Hat man bereits eine schwere Erkrankung, empfiehlt es sich auch, die Patientenverfügung auf die konkrete, individuelle Krankheitssituation zu beziehen. Das Gespräch mit Ihrem Arzt wird Ihnen weiterhelfen, da er mögliche Verläufe Ihrer Erkrankung erläutern und Sie bei der Formulierung Ihrer Wünsche zu medizinischen Maßnahmen, dem Ort Ihrer Behandlung, notwendigen Medikamenten oder auch bei einem Behandlungsplan für den Notfall unterstützen kann.
Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine solche ärztliche Beratung jedoch nicht. Die Beratung ist eine Privatleistung, die Kosten können je nach Beratungsaufwand stark schwanken. Private Versicherungen übernehmen gegebenenfalls die Kosten für eine Beratung, klären Sie dies vorher mit Ihrer Versicherung ab.
Beratungen zu Patientenverfügungen oder eine Prüfung von Patientenverfügungen bieten aber auch die Berater von fachkundigen Organisationen (z.B. Deutsche Stiftung Patientenschutz, Caritas). Beratungen sind ggf. auch kostenfrei möglich. Die Fachberaterinnen und Fachberater können weiterhelfen und dabei auf die persönliche Lebenssituation eingehen.
Eine fachkundige Beratung kann Ihnen z.B. helfen, Widersprüche zwischen einzelnen Festlegungen zu vermeiden. Wer unsicher ist, ob seine Patientenverfügung im Ernstfall wirklich greift, kann sie von Experten prüfen lassen.
Vermieden werden sollten laut Expertenaussagen z.B. allgemeine Formulierungen oder Begriffe wie z.B.: Ich will kein „qualvolles Leiden“ oder keine „qualvolle Apparatemedizin“. Solche Aussagen gelten als wenig hilfreich, denn sie sagen nichts darüber aus, was für den Betroffenen beispielsweise ein „erträgliches“ Leben ist. Wichtig ist in Patientenverfügungen eine möglichst konkrete Beschreibung in welchen Situationen die Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen Situationen haben.
Wenn Patientenverfügungen den medizinischen Ansprüchen nicht genügen oder rechtlich fehlerhaft erstellt wurden, dann führt dies im Ernstfall dazu, dass der Patientenwille nicht erfüllt werden kann.
Viele Einrichtungen der Altenhilfe und Eingliederungshilfe haben es sich bereits zur Aufgabe gemacht, gemäß Sozialgesetzbuch § 132g SGB V (Gesundheitliche Vorausplanung für die letzte Lebensphase www.sozialgesetzbuch-sgb.de) qualifizierte Gespräche zur gesundheitlichen Vorausplanung für die letzte Lebensphase anzubieten. Hierbei können sich Personen, die vorausplanen möchten, u.a. ausführlich zu medizinischen Behandlungen informieren, in Ruhe über die eigenen Wünsche nachdenken und diese falls gewünscht in einer aussagekräftigen Patientenverfügung aufschreiben lassen. Es wird nur dokumentiert, was die Person auch vollumfänglich verstanden, gewürdigt und gewollt hat.
Diese Gespräche nach dem sogenannten „Behandlung im Voraus planen (BVP)“ Konzept (international: Advance Care Planning (ACP)) sollen dazu beitragen, dass die Patienten so behandelt werden, wie sie es sich wünschen, auch wenn sie selbst nicht (mehr) entscheiden können. Weitere Informationen: www.advancecareplanning.de.
Wie erstellt man eine Patientenverfügung?
Hat man die notwendigen Informationen und Beratungen zur Patientenverfügung erhalten und sich dafür entschieden eine Patientenverfügung zu erstellen, kann man Formulierungshilfen nutzen. Für Patientenverfügungen gibt es eine Vielzahl an Mustern und Textbausteinen, die angeboten werden. Natürlich kann man für die Patientenverfügung auch eigene Formulierungen finden.
Eine umfangreiche Sammlung solcher Muster auf die z.B. das Bundesministerium für Justiz in seiner Informationsbroschüre zur Patientenverfügung hinweist, hat z.B. das Zentrum für medizinische Ethik in Bochum zusammengestellt (www.ethikzentrum.de). Dort kann man u.a. auch eine Online Patientenverfügung finden. Den verschiedenen angebotenen Mustern liegen sehr unterschiedliche Konzepte zugrunde. Im Hintergrund spielen auch sehr verschiedene weltanschauliche und religiöse Überzeugungen eine Rolle.
Hier findet man u.a. weiterführende Informationen zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sowie Textbausteine, die man auswählen und zu einer persönlichen Patientenverfügung zusammenstellen kann.
Inhalte und Themen einer Patientenverfügung
Nachfolgend sehen Sie einen beispielhaften Aufbau einer Patientenverfügung: Dieser wurde entnommen aus der Broschüre „Patientenverfügung“ die man über die Internetseiten des Bundesministeriums der Justiz herunterladen kann: www.bmj.de.
Patientenverfügung
- Eingangsformel
- Exemplarische Situationen, für die die Verfügung gelten soll: Sie können exemplarisch Situationen festlegen, in denen Ihre Patientenverfügung gelten soll (z.B. Sterbeprozess, Endstadium einer schweren Erkrankung o.ä.).
- Festlegungen zu Einleitung, Umfang oder Beendigung bestimmter ärztlicher Maßnahmen: Sie können die Behandlungsmaßnahmen festlegen, denen Sie jeweils zustimmen möchten und ebenso können Sie bestimmen, welche Behandlungen Sie für sich ablehnen.
3.1 Lebenserhaltende Maßnahmen
3.2 Schmerz- und Symptombehandlung
3.3. Künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr
3.4.Wiederbelebung
3.5. Künstliche Beatmung
3.6. Dialyse (Blutwäsche)
3.7. Antibiotika
3.8. Übertragung von Blut/Blutbestandteile.
- Ort der Behandlung, Beistand. D.h. Wünsche bzgl. Ort und Begleitung in der letzten Lebensphase.
- Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht: Dies sind die Angaben von Personen, denen die Ärzte Auskünfte erteilen dürfen.
- Aussagen zur Verbindlichkeit, zur Auslegung und Durchsetzung und zum Widerruf der Patientenverfügung.
- Hinweise auf weitere Vorsorgeverfügungen: Angaben ob und wo eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung vorliegt, mit Nennung der bevollmächtigten Person/en.
- Hinweise auf beigefügte Erläuterungen zur Patientenverfügung: Hinweis auf beigefügte Darstellung der persönlichen allgemeinen Wertvorstellungen und sonstige Unterlagen, die man für wichtig erachtet: Diese sind eine wertvolle Interpretationshilfe für die Feststellung Ihres Behandlungswillens, wenn Sie Ihre Wünsche nicht mehr selbst äußern können.
- Organspende: Ihre persönliche Patientenverfügung kann auch eine Erklärung zu einer möglichen Organspende nach dem Tode enthalten. Sie können auf einen vorliegenden Organspendeausweis verweisen sowie in der Patientenverfügung selbst einer möglichen Organspende zustimmen oder diese auch ablehnen.
- Schlussformel
- Schlussbemerkungen: Zum Beispiel: „Mir ist die Möglichkeit der Änderung und des Widerrufs einer Patientenverfügung bekannt. Ich bin mir des Inhalts und der Konsequenzen meiner darin getroffenen Entscheidungen bewusst. Ich habe die Patientenverfügung in eigener Verantwortung und ohne äußeren Druck erstellt. Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte“.
- Information/Beratung: Hinweis, bei bzw. von wem man sich vor der Erstellung informiert bzw. beraten lassen hat.
- Ärztliche Aufklärung/Bestätigung der Einwilligungsfähigkeit: Bestätigung und Unterschrift des Arztes von dem man beraten wurde.
- Aktualisierung: Hinweis, dass bekannt ist, dass die Wirksamkeit und Verbindlichkeit der Patientenverfügung nicht an eine regelmäßige Aktualisierung gebunden ist.
- Datum und Unterschrift.
Wo sollte man eine Patientenverfügung aufbewahren?
Als hilfreich hat sich in der Praxis erwiesen, Kopien von Patientenverfügungen zu hinterlegen, bspw. bei Bevollmächtigten, behandelnden Ärztinnen und Ärzten, in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen.
Man kann zudem einen Hinweis bei sich in der Geldbörse tragen, wo die Patientenverfügung aufbewahrt wird und einen Ordner mit der Aufschrift Vorsorgedokumente anlegen. Bei der Aufnahme in ein Krankenhaus oder in ein Pflegeheim, sollte man darauf hinweisen, dass es eine Patientenverfügung gibt.
Ergänzende Dokumente zur Patientenverfügung
Wenn Sie eine Patientenverfügung haben, ist es sehr empfehlenswert, diese mit einer Vorsorgevollmacht für Gesundheitsangelegenheiten oder zumindest mit einer Betreuungsverfügung zu kombinieren.
Dies gilt auch dann, wenn Sie ein Vertretungsrecht Ihres Ehegatten oder sonstiger naher Angehöriger wünschen. Eine Vorsorgevollmacht für Ihre Angehörigen ist deswegen sinnvoll, weil eine Patientenverfügung womöglich nicht jede Behandlungssituation erfassen kann. Dann ist zusätzlich ein Ansprechpartner Ihres Vertrauens wichtig. Dieser darf sich rechtsverbindlich zu Ihrem Behandlungswillen äußern, wenn Sie ihn dazu entsprechend bevollmächtigt haben.
Gerade wenn man allein lebt und keine Verwandten oder Bekannten mehr hat, die einem nahestehen, dann kann man die Patientenverfügung auch z.B. mit einem Arzt, seinen Pflegepersonen oder auch einem Glaubensvertreter besprechen. In Ihrer Patientenverfügung können Sie dann auf diese Vertrauenspersonen hinweisen.
Gesetzlich ist niemand verpflichtet, eine Patientenverfügung abzufassen.
Dies steht auch so im Bürgerlichen Gesetzbuch §1827 (5) (www.gesetze-im-internet.de).
Es wird auch ausdrücklich klargestellt, dass die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung nicht zur Bedingung für einen Vertragsschluss (zum Beispiel für einen Versicherungsvertrag oder Vertrag zu Pflege- oder Betreuungsleistungen) gemacht werden darf .
Nähere Informationen zum Betreuungsrecht, in dem auch die Patientenverfügung gesetzlich geregelt ist, können Sie der vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Broschüre „Betreuungsrecht“ entnehmen (www.bmj.de).
Widerruf der Patientenverfügung
Selbst wenn Sie bereits eine Patientenverfügung haben, können Sie sich dazu beraten lassen und die Verfügung jederzeit abändern. Sie können z.B. genauere Erklärungen handschriftlich nachtragen. Schreiben Sie dann das aktuelle Datum dazu.
Das Widerrufen der Patientenverfügung ist wie bereits erwähnt jederzeit möglich – hierzu ist keine schriftliche Form notwendig, sofern der Patient zu erkennen gibt, dass sich Ansichten bzw. Meinungen geändert haben.
Auch wenn der Patient nicht mehr fähig ist sich zu äußern oder in etwas einzuwilligen, kann ein Betreuer oder Bevollmächtigter den geänderten Willen des Betroffenen kundtun. In diesem Fall hat sich der Bevollmächtigte an den Einstellungen, Äußerungen und Wertvorstellungen des Patienten zu Zeiten der vollen Geschäftsfähigkeit zu orientieren. Zu beachten ist, dass die Missachtung der Patientenverfügung als Körperverletzung gilt und strafbar ist – Ausnahmen gelten nur im Rettungswesen!
Befindet sich jemand mit einer Patientenverfügung also z.B. im Notfall und ist nicht mehr entscheidungsfähig, erhält derjenige/diejenige in jedem Fall eine Erstversorgung durch den Notarzt und wird bei Bedarf in ein Krankenhaus gebracht. Erst später im Krankenhaus kommt die Patientenverfügung falls nötig zum Tragen.
Allgemein gilt, dass die Patientenverfügung jederzeit widerrufen werden kann. Dies kann mündlich oder schriftlich geschehen. Voraussetzung hierfür ist nur die Fähigkeit, die eigenen Wünsche verständlich äußern zu können. Auch einfache Gesten (Nicken, Kopfschütteln) in Anwesenheit des Pflegepersonals können als Widerruf gelten.
Häufig gestellte Fragen zur Patientenverfügung
Worauf sollte man beim Formulieren einer Patientenverfügung achten?
Mit einer Patientenverfügung können Sie genau festlegen, wie Sie behandelt werden möchten, wenn Sie nicht mehr selbst entscheiden können. Diese Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts birgt jedoch auch Risiken, wenn voreilig oder nicht hinreichend genau vorausverfügt wird. Falsche Formulierungen, Ungenauigkeiten oder stereotype Vordrucke gelten laut Expertenaussagen als Fallstricke.
Für viele Menschen ohne Fachwissen ist es schwer, eindeutig auszudrücken, welche Möglichkeiten und Grenzen sie bei medizinischen Maßnahmen wünschen. Die Patientenverfügung sollte so konkret formuliert sein, dass ein Arzt im Ernstfall entsprechend handeln kann.
Daher wird auch eine qualifizierte Beratung empfohlen, wenn man eine Patientenverfügung erstellen möchte.
Für welche Situationen soll die Patientenverfügung gelten?
Die Vorstellung, in Notfallsituationen nicht mehr über die eigene medizinische Behandlung entscheiden zu können, macht vielen Menschen Angst.
Wenn man daher eine Patientenverfügung verfassen möchte, sollte man genau beschreiben, für welche Situationen diese gelten soll (z.B. Sterbephase, andauerndes Koma, Endstadium einer unheilbaren Erkrankung). Empfohlen wird genau zu überlegen, ob die festgelegten Behandlungswünsche (z.B. Durchführen oder Ablehnen bestimmter Maßnahmen wie eine künstliche Ernährung oder eine künstliche Beatmung) in allen beschriebenen Situationen gelten sollen oder ob man für verschiedene Situationen auch verschiedene Behandlungswünsche festlegen möchte.
Lehnt man z.B. eine künstliche Ernährung nur in der Sterbephase ab und/oder auch in einem Koma, bei dem die Lebenserwartung ggf. länger ist? Decken Sie dabei typische Krankheitszustände ab, in denen Sie nicht mehr selbst über Ihre Behandlung entscheiden können. Dazu zählen zum Beispiel: Todesnähe, Unheilbare Krankheit im Endstadium, Hirnschädigungen, Koma, Hirnabbau (Demenz) oder andere Zustände, die aus individuellen Krankheiten entstehen können.
Bestimmen Sie für jeden dieser Fälle, welche Maßnahmen Sie sich wünschen oder ausdrücklich nicht wünschen. Wichtig z.B.: Sollen Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen werden? Soll eine künstliche Ernährung eingestellt werden? Soll eine künstliche Beatmung eingestellt werden? Sollen starke Schmerzmittel verabreicht werden? Sie können auch weitere Detailfragen klären, zum Beispiel zu Ihrer individuellen Krankheit.
Gilt eine Patientenverfügung zeitlich unbeschränkt?
Eine Patientenverfügung gilt zeitlich unbeschränkt, und zwar solange Sie sie nicht widerrufen oder geändert haben. Empfehlenswert ist es immer, eine Patientenverfügung in regelmäßigen Zeitabständen (z. B. jährlich) zu erneuern oder zu bestätigen. Diese können Sie mit Datum und Unterschrift bestätigen. Man kann diese jederzeit formlos widerrufen.
Auf diese Weise kann man für sich selbst regelmäßig überprüfen, ob man an den getroffenen Festlegungen festhalten will oder ob man diese eventuell abändern möchte. Dies vielleicht auch aus der Tatsache heraus, dass sich die moderne Medizin weiterentwickelt hat oder man seine Einstellung zum Leben und zum Tod im Laufe des Lebens verändert hat.
Ist eine Patientenverfügung für die behandelnden Ärzte rechtlich bindend?
Die Frage wird rechtlich eindeutig mit ja beantwortet:
„Die gesetzliche Regelung der Patientenverfügung sieht vor, dass Festlegungen für bestimmte ärztliche Maßnahmen verbindlich sind, wenn durch diese Festlegungen Ihr Wille für eine konkrete Lebens und Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann. Dafür müssen Sie in der Patientenverfügung genau bezeichnen, ob Sie in eine indizierte ärztliche Behandlung oder pflegerische Begleitung einwilligen oder diese ablehnen“.
„Die Ärzte, aber auch alle anderen Personen, die mit Ihrer medizinischen Behandlung befasst sind (z.B. etwa Pflegepersonal, müssen eine derart verbindliche Patientenverfügung beachten, auch wenn keine Vertreterin oder kein Vertreter bestellt ist. Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, wie schwer die Patientin oder der Patient erkrankt ist ( § 1827 Absatz 3 BGB ). Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung strafbar sein.“
„Hat man eine Vertreterin/einen Vertreter bevollmächtigt haben oder das Betreuungsgericht einen Betreuer/Betreuerin für Sie bestellt hat, ist diese Person verpflichtet, die Patientenverfügung zu prüfen, Ihren Behandlungswillen festzustellen und ihm Ausdruck und Geltung zu verschaffen ( § 1827 Absatz 1 Satz 2 BGB ). Sie darf nicht ihren Willen an die Stelle Ihres Patientenwillens setzen."
Quelle: Broschüre Patientenverfügung, Herausgegeben vom Bundeministerium der Justiz: www.bmj.de.
Was tun, wenn die Patientenverfügung nicht vorhanden oder nicht auffindbar ist?
Viele Leute denken nicht daran, eine Patientenverfügung zu erstellen. Auch wenn eine Patientenverfügung erstellt wurde, kann es sein, dass diese nicht sofort auffindbar ist. Wie ist in diesen Fällen vorzugehen?
Patientenverfügung nicht vorhanden?
Wenn keine Patientenverfügung existiert, handelt das medizinische Personal nach dem „mutmaßlichen Willen“ des Patienten. Es werden also nahe Angehörige befragt, die den Patienten gut kennen. Miteinbezogen werden die früheren religiösen Anschauungen, Überzeugungen, Äußerungen, Wertvorstellungen, Hoffnungen und Ängste des Patienten. Es wird versucht, herauszufinden wie man am besten nach dem Willen des Patienten handelt.
Patientenverfügung nicht auffindbar?
Oftmals kommt es vor, dass die Patientenverfügung nicht auffindbar ist. In diesem Fall sind die schriftlich festgehaltenen Anweisungen nichtig und das Pflegepersonal handelt nach dem „mutmaßlichen Willen“ des Patienten. Am besten bewahren Sie die Verfügung oder einen Hinweiszettel in Ihrer Geldtasche auf.
Wie verhält man sich in einer Notfallsituation?
Wenn im Notfall wie z.B. bei einem Unfall oder einem schweren Schlaganfall die Patientenverfügung nicht auffindbar ist, ist dies dem Nichtvorliegen einer Verfügung gleichzusetzen. Somit hat der Arzt bzw. die Rettungskräfte, wie bei dem vorigen Abschnitt, den "mutmaßlichen Willen" des Patienten in Anlehnung an ein Gespräch mit nahen Angehörigen als Beurteilungs-Maßstab heranzuziehen.
Wie kann ich noch vorsorgen, wenn ich nicht mehr selbst entscheiden kann?
Unabhängig davon, ob Sie eine Patientenverfügung errichtet haben oder nicht, sind die Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung immer sehr zu empfehlende Möglichkeiten zur Regelung der persönlichen Angelegenheiten für den Fall einer Geschäftsunfähigkeit und/oder Entscheidungsunfähigkeit bei Krankheit oder im hohen Alter.
Vorsorgevollmacht
Wichtig ist, dass Ihr Wille im Zweifel auch von jemandem zur Geltung gebracht werden kann, der Sie vertritt, wenn Sie nicht mehr für sich selbst sprechen können. Das kann eine Person sein, der Sie vertrauen und die Sie dazu ausdrücklich bevollmächtigt haben. Dies kann durch eine Vorsorgevollmacht geschehen. Zu welchen Entscheidungen die Vertrauensperson befugt ist, sollte unbedingt in der Vorsorgevollmacht festgehalten werden.
Ausführliche Informationen zum Thema Vorsorgevollmacht finden Sie im Menüpunkt Praxistipps – Vorsorgevollmacht.
Betreuungsverfügung
Haben Sie niemandem eine Vorsorgevollmacht erteilt, dann wird im Ernstfall ein gesetzlicher Betreuer bestellt, der über Fragen zur Gesundheitssorge entscheidet. Mit einer Betreuungsverfügung können Sie im Vorfeld eine Person vorschlagen, die in diesem Fall gesetzlicher Betreuer werden soll. Auch dieser hat Ihren in der Patientenverfügung festgelegten Willen bei allen Entscheidungen zur Gesundheit zu beachten. Die Betreuungsverfügung ist schriftlich festzuhalten und regelmäßig bei Änderung von Behandlungswünschen zu aktualisieren.
Ausführliche Informationen zur Betreuungsverfügung finden Sie unter dem Menüpunkt Praxistipps – Betreuungsverfügung.