Pflegebedürftigkeit
Das Thema Pflegebedürftigkeit lässt viele Fragen aufkommen. Grundsätzlich beschränkt sich diese nicht nur auf das Gebiet der Altenpflege, sondern kann Menschen jeden Alters betreffen.
Wichtig festzustellen ist, dass für viele Betroffene die Pflegebedürftigkeit nicht selten plötzlich eintritt. Betroffene sind dabei nicht „nur“ die Pflegebedürftigen selbst, sondern auch alle Angehörigen.
WANN BESTEHT PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT
Eine Krankheit, ein Unfall oder eine plötzliche Behinderung, verursachen dabei oft eine Kettenreaktion an Problemen. Das Bisherige wird unmöglich, die plötzlichen Einschränkungen verändern das gesamte Leben.
Für den Betroffenen und dessen Angehörige entstehen oftmals viele Herausforderungen auf einem langen Weg. Pflegebedürftigkeit bedeutet dabei für Betroffene und ihre Angehörigen oftmals große physische, psychische und finanzielle Belastungen.
Wann gilt man als pflegebedürftig?
Menschen gelten nach § 14 SGB XI als Pflegebedürftig, wenn sie wegen einer Krankheit oder einer Behinderung nicht mehr selbst den gewöhnlichen und regelmäßigen Verrichtungen im Alltag auf Dauer nachkommen können.
Sie müssen dafür Hilfe von anderen Menschen für mindestens sechs Monate benötigen. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit wird nach § 15 SGB XI festgestellt.
Die Anerkennung des Pflegebedarfes ist wesentlich, um eine gute Pflegeunterstützung zu erhalten. Nachfolgend finden Sie dazu wichtige Informationen.
Die Definition der Pflegebedürftigkeit durch die Pflegepflichtversicherung
Der Begriff der Pflegebedürftigkeit und die damit verbundenen ambulanten und stationären Pflegeangebote und -einrichtungen stehen in engem Zusammenhang mit der Einführung der Pflegepflichtversicherung im Januar 1995 als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung und einer umfassenden Versicherungspflicht für alle gesetzlich und privat Versicherten.
Seit der Einführung befindet sich die deutsche Pflegeversicherung in einem fortlaufenden Reformprozess. Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) von 2012 sowie mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz (PSG I) ab 1. Januar 2015 wurden Leistungsausweitungen und strukturelle Änderungen in der Pflegeversicherung vorgenommen, mit dem Ziel, diese besser auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen auszurichten.
Das Pflegestärkungsgesetz (PSG II und PSG III)
Mit dem zweiten und dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG II und PSG III) zum 1.01.2017 wurde als wesentliche strukturelle Neuregelung der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff (PBB) im Bereich der Pflegeversicherung (SGB XI) und der Sozialhilfe (SGB XII) eingeführt. Mit der neuen Regelung wurde eine Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade vorgenommen und gleichzeitig das Begutachtungsinstrument reformiert, um den Pflegebedarf fortan realistischer einzuschätzen.
Wer ist pflegebedürftig im Sinne des Gesetzes?
Die Definition der Pflegebedürftigkeit wird in Deutschland durch das Elfte Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt. Darin stehen unter den Paragraphen §14 und §15 die genauen Kriterien, wann ein Mensch laut Gesetz als „pflegebedürftig“ gilt und wie diese eingestuft und beurteilt wird.
Begriff der Pflegebedürftigkeit
§ 14 SGB XI (1) „Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen.
Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können.
Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“
Im Unterpunkt (2) des Gesetzes werden anschließend sechs Bereiche aufgeführt, die maßgeblich für die pflegefachliche Beurteilung sind, ob gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten vorliegen.
Wie wird beurteilt, ob jemand pflegebedürftig ist?
Im Vergleich zur früheren Definition ist der aktuelle Pflegebedürftigkeitsbegriff durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
Ganzheitliche Beurteilung der Pflegebedürftigkeit nach Lebensaktivitäten
Mit dem Pflegebedürftigkeitsbegriff ist eine Pflegebegutachtung verbunden, die ganzheitlich ressourcenorientiert ist und nicht defizitorientiert.
Früher war für die Begutachtung des Pflegebedarfs der Zeitaufwand für den wiederkehrenden Hilfebedarf bei Verrichtungen des täglichen Lebens entscheidend, beispielsweise beim Anziehen, bei der Körperpflege, bei der Ernährung oder der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Ansatz orientierte sich also an den Defiziten. Zudem war die Einschätzung des Hilfebedarfs nach einer Minutenskala oft strittig.
Beim jetzigen Pflegebedürftigkeitsbegriff und dem damit einher gehenden Begutachtungsverfahren, werden stattdessen die Fähigkeiten und der Grad der Selbstständigkeit bei Lebensaktivitäten bzw. der Gestaltung von Lebensbereichen beurteilt.
Damit spielen bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit körperliche, geistige und psychische Einschränkungen eine gleichwertige Rolle.
Berücksichtigung kognitiver und psychischer Einschränkungen
Gewürdigt wird auch der Bedarf an Beaufsichtigung, Betreuung, Tagesgestaltung und Teilnahmemöglichkeiten an z.B. sozialen Aktivitäten. Davon profitieren besonders Demenzerkrankte, geistig behinderte oder längerfristig psychisch kranke Menschen. Sie erhalten damit ebenfalls gute Chancen, einen Pflegegrad zugestanden zu bekommen und Pflegeleistungen zu erhalten.
Wesentlich für die Beurteilung, ob ein Mensch Pflege braucht, ist ein ganzheitliches Gutachten, in dem gleichermaßen körperliche, psychische und geistige Beeinträchtigungen, Belastungen oder Anforderungen systematisch betrachtet werden.
Hinweis:
Ist die Pflegedauer (z.B. zu Hause nach einem Krankenhausaufenthalt) kürzer als 6 Monate, dann gilt nicht die Pflegekasse, sondern die Krankenkasse als Ansprechpartner.
Pflegegrade
Zur genauen, verfeinerten Einstufung der Pflegebedürftigkeit gibt es fünf Pflegegrade:
- Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen für die pflegerische Versorgung.
Welchen Pflegegrad ein pflegebedürftiger Mensch bekommt, hängt davon ab, wie selbstständig er/sie ist und wieviel Unterstützung er/sie braucht. Aus dem Pflegegrad ergibt sich dann ein Anspruch auf Pflegeleistungen. Jedem dieser Pflegegrade wird – je nach Leistungsart – ein konkreter Leistungsbetrag zugeordnet.
Begutachtungsverfahren
Die Pflegebedürftigkeit wird mit einem pflegefachlichen Begutachtungsinstrument erfasst. Dabei wird die Selbstständigkeit bzw. Fähigkeiten in sechs definierten Bereichen nach pflegefachlichen Kriterien beurteilt. Dies ist im Sozialgesetzbuch § 15 SGB XI (Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument) so vorgeschrieben. Das Ergebnis ist die Einstufung in einen von fünf Pflegegraden. Dieser ist mit entsprechenden Leistungsansprüchen verknüpft.
Die sechs Begutachtungsbereiche sind:
1. Mobilität d.h. die körperliche Beweglichkeit
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
4. Selbstversorgung
5. Umgang mit krankheits- bzw. behandlungsbedingten Belastungen
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Wer entscheidet ob jemand pflegebedürftig ist?
Grundsätzlich kann es sein, dass Menschen zwar Unterstützung benötigen, aber noch weitgehend selbstständig sind oder nur ganz wenig Hilfe brauchen. Dann kann es sein, dass noch kein Pflegegrad von der Pflegeversicherung zugesprochen wird. Der gesetzlich definierte Begriff der Pflegebedürftigkeit ist deshalb nicht grundsätzlich gleichzusetzen mit einer allgemeinen Hilfs- oder Pflegebedürftigkeit.
Die Pflegebedürftigkeit wird bei jedem/er Antragsteller/in nach den obengenannten sechs Begutachtungsbereichen von einem Mitarbeiter des MDKs (Medizinischer Dienst der Pflegekasse) nach dem festgelegten Begutachtungsverfahren (Neues Begutachtungsassessment (NBA) im persönlichen Gespräch mit dem Versicherten ermittelt.
Neben den vorhandenen Fähigkeiten bzw. Ressourcen des Antragsstellers berücksichtigt der Gutachter weitere vorliegende Unterlagen wie z.B. die ärztlichen Diagnosen zu Krankheiten oder Behinderungen oder die Berichte von Pflegekräften.
Mit Hilfe der gesamten Einschätzung des Gutachtens entscheidet die Pflegekasse, ob der/die Antragssteller/in pflegebedürftig ist und nach welchem Pflegegrad er/sie eingestuft wird.
Das Wichtigste in Kürze:
Ob jemand im Sinne der Pflegeversicherung pflegebedürftig ist und einen Leistungsanspruch hat, ist immer davon abhängig, dass dem/der Betroffenen laut Gutachten der Pflegekasse einer der fünf Pflegegrade zugestanden wird.
Wie kann man eine Pflegebedürftigkeit geltend machen?
Um einen Pflegeanspruch bei der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung geltend zu machen, muss man bei der Kranken-/Pflegekasse einen Pflegeantrag stellen. Ansprechpartner ist die Krankenkasse, Sie sind auch dort pflegeversichert. Dazu genügt ein Anruf, eine email oder ein kurzer Brief. Sie erhalten dann entsprechende Antragsunterlagen. Geht der Antrag bei der Pflegekasse ein, informiert diese den medizinischen Dienst (MDK bei gesetzlich Versicherten bzw. MEDICPROOF bei privat Versicherten) und es wird ein Termin zur Begutachtung vereinbart.
- Ergibt das Gutachten bzw. die Prüfung, dass eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, dann hat der Pflegebedürftige Anspruch auf die gesetzlich festgelegten Leistungen der Pflegekassen.
- Eine wesentliche Voraussetzung für Patienten ist, dass sie mindestens 6 Monate gepflegt werden müssen.
Übrigens:
Zwischen dem Stellen des Antrags und der Genehmigung von Pflegeleistungen können mehrere Wochen vergehen. Wenn in dieser Zeit bereits ein Pflegedienst notwendig ist, muss dieser zunächst selbst bezahlt werden. Erst wenn der Antrag genehmigt ist, übernehmen die Pflegekassen Kosten. Dies geschieht rückwirkend ab dem Antragsdatum.
Welche Leistungen stehen Betroffenen im Fall einer Pflegebedürftigkeit zu?
Wie viel Geld Pflegebedürftige genau bekommen, hängt vom Umfang der Einschränkungen der Selbstständigkeit und dem zuerkannten Pflegegrad ab. Wesentlich ist auch der Umfang der Pflegemaßnahmen und von wem gepflegt wird.
Grundsätzlich gibt die Pflegeversicherung den Pflegebedürftigen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wie und von wem sie gepflegt werden möchten. Das bedeutet, Pflegebedürftige haben die Wahl, ob sie Hilfe von professionellen Fachkräften in Anspruch nehmen oder aber Geld beziehen wollen, das sie zum Beispiel pflegenden Angehörigen als finanzielle Anerkennung geben können.
Oberstes Ziel ist es immer, dass die pflegebedürftigen Menschen so weit wie möglich selbstbestimmt leben können. Wenn irgendwie möglich, sollen Pflegebedürftige zu Hause versorgt werden, das wünschen sich auch die meisten. Ist eine Pflege zu Hause nicht möglich, bleibt nur die Unterbringung in einem Heim übrig.
Übrigens:
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen haben laut Sozialgesetzbuch einen Anspruch auf eine kostenlose Pflegeberatung durch die gesetzlichen Pflegekassen. Hierzu gibt es in Deutschland als Ratgeber unter anderem die sogenannten Pflegestützpunkte.
Pflegesachleistungen
Übernehmen z.B. Fachkräfte eines ambulanten Pflegedienstes die Pflege, erhält man die sogenannten Pflege-Sachleistungen. Diese können je nach Grad der Selbstständigkeit bzw. dennoch vorhandenen Fähigkeiten in Anspruch genommen werden. Braucht jemand z.B. nur Hilfe beim Haushalt, beim Waschen oder Einkaufen? Dann können pflegebedürftige Personen im Alltag jeweils Leistungen entsprechend ihrer Defizite bzw. ihres Hilfebedarfs in Anspruch nehmen. Unterstützung von Pflegediensten gibt es z.B. im Form der Grundpflege in diesen Bereichen:
- Körperpflege: z.B. Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren.
- Ernährung: z.B. Zubereitung und Aufnahme der Nahrung.
- Mobilität: z.B. Aufstehen und zu Bett gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen.
- Hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Waschen der Wäsche.
Ambulante Pflegedienste rechnen Pflegedienstleistungen direkt mit der Pflegekasse ab.
Die soziale Pflegepflichtversicherung deckt häufig nicht alle Kosten der Pflege ab. Den Rest tragen die Pflegebedürftigen selbst, gegebenenfalls auch direkte Angehörige. Die Pflegeversicherung wird deshalb auch als "Teilkostenversicherung" bezeichnet.
Pflegegeld
Übernehmen Angehörige, Freunde oder Bekannte die Pflege, erhält man Pflegegeld.
Als Pflegebedürftiger können Sie auch Sach- und Geldleistungen kombinieren, wenn z.B. bei der Pflegeleistung durch Angehörige eine ambulante Pflegekraft unterstützend dazu kommt (Kombinationspflege).
Ist eine häusliche Pflegeperson z.B. krank, verhindert oder im Urlaub, dann zahlt die Pflegekasse die sogenannte Verhinderungspflege bzw. Kurzzeitpflege im Pflegeheim.
Vollstationäre Pflege
Manche pflegebedürftigen Menschen können nicht oder nicht nur zu Hause gepflegt werden. Dann ist eine teilstationäre Pflege (z.B. die Tages- und Nachtpflege) oder eine vollstationäre Unterbringung in Pflegeheimen die Lösung. Lebt man als pflegebedürftiger Mensch teilweise oder ganz in einem Pflegeheim, dann zahlt die Pflegekasse auch hierfür Pflegeleistungen.
Dabei gewährt die Pflegeversicherung bei vollstationärer Pflege folgende Leistungszuschläge, die nach der Verweildauer gestaffelt werden: Ab dem ersten Monat 5 Prozent des zu zahlenden Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen, nach 12 Monaten 25 Prozent, nach 24 Monaten 45 Prozent und nach 36 Monaten 70 Prozent.
Weitere Leistungen der Pflegeversicherung
Außerdem kann man eine Reihe von weiteren Leistungen bei der Pflegekasse beantragen. Dazu zählen zum Beispiel Leistungen für Pflegehilfsmittel (z.B. Pflegebetten, Geh-Hilfen etc.), Zuschüsse für den Umbau der Wohnung mit dem Ziel der Barrierefreiheit sowie Leistungen für die soziale Absicherung von privaten Pflegepersonen.
Neue Leistungszuschläge ab dem 1. Januar 2024
Zu beachten: Mit dem neuen Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) das am 26.05.23 verabschiedet wurde, treten zum 1. Januar 2024 einige Änderungen in Kraft, die u.a. auch die Leistungszuschläge zur vollstationären Pflege betreffen.
Ab dem 1.1. 2024 gelten somit folgende Leistungszuschläge:
Die Sätze werden von 5 % auf 15 % bei 0 - 12 Monaten Verweildauer, von 25 % auf 30 % bei 13 - 24 Monaten, von 45 % auf 50 % bei 25 - 36 Monaten und von 70 % auf 75 % bei mehr als 36 Monaten angehoben.
Anmerkung: Die Zuschüsse zum Eigenanteil betreffen weiterhin nur die Pflegekosten und nicht die anderen Kostenpunkte (Unterkunft, Verpflegung), die in einer stationären Pflegeeinrichtung anfallen.
Was bedeutet Pflegebedürftigkeit für die Pflegehilfe?
Im Mittelpunkt der Pflege steht die Würde und Individualität des zu Pflegenden mit seinen Bedürfnissen, Problemen und Ressourcen.
Daraus ergeben sich Pflegegrundsätze für das Erbringen von Pflegeleistungen:
- Individualität des Menschen bewahren.
- Würde des Hilfsbedürftigen erhalten.
- Hilfe zur Selbsthilfe geben.
- Lebensbedingungen bestmöglich regulieren.
Auf welche Bedürfnisse bezieht sich die Pflege?
Nach einem bekannten wissenschaftlichen Pflegemodell von Nancy Roper (et al.), lassen sich die wesentlichen Bedürfnisse des Menschen in zwölf Lebensaktivitäten unterteilen. Die Lebensaktivitäten werden über die gesamte Lebensspanne hinweg durch innere und äußerliche Faktoren (körperliche, psychologische, soziokulturelle, umgebungsabhängige und wirtschaftliche Einflüsse) beeinflusst und stehen miteinander im Zusammenhang.
Ist der Mensch in einem Aktivitätsbereich eingeschränkt, können zugleich Probleme in einem anderen Bereich entstehen. Die Auflistung der Lebensaktivitäten beschreibt alle möglichen Verantwortungsbereiche für Pflegeleistungen. Erkrankt ein Mensch, so kann er sich in einer der zwölf Lebensaktivitäten völlig in Abhängigkeit befinden, während er andere Aktivitäten problemlos selbstständig erledigen kann.
Die zwölf Lebensaktivitäten:
- Sichere Umgebung
- Kommunikation
- Atmen
- Essen und Trinken
- Ausscheiden
- Sauberkeit und Bekleidung
- Regulation Körpertemperatur
- Bewegung
- Arbeit und Spiel (Freizeitgestaltung)
- Sich als Mann und Frau fühlen
- Schlafen
- Sterben
Ziele der Pflege sind:
- Pflegebedürftige dahingehend zu unterstützen, dass sie möglichst alle Lebensaktivitäten ihren Wünschen und ihren Einschränkungen entsprechend selbstständig durchführen können.
- Die Pflege an den Gegebenheiten, Notwendigkeiten und Bedürfnissen des Betroffenen im jeweiligen Lebensabschnitt auszurichten und bisherige Lebensgewohnheiten des Individuums möglichst wenig zu unterbrechen.
- Zu ermitteln ist, wie viel Hilfe benötigt der Pflegebedürftige und was ist ihm selbst zu überlassen.
Wie viele Menschen sind pflegebedürftig?
Seit Jahren wächst die Zahl der Pflegebedürftigen, die wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten dauerhafter Hilfe bedürfen:
- Laut den Zahlen und Fakten des Bundesgesundheitsministeriums waren im Dezember 2020 rund 4,88 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungspflichtgesetzes (SGB XI).
- Dabei wurden rund 81,6 % der Pflegebedürftigen ambulant versorgt
- Zum Vergleich: Im Dezember 2019 lag die Zahl der Pflegebedürftigen bei rund 4,13 Millionen und im Dezember 2017 bei rund 3,41 Millionen Menschen (Quelle Statistisches Bundesamt, Destatis).
Welche Folgen hat Pflegebedürftigkeit?
Für jeden Menschen besteht das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Pflegebedürftigkeit kann viele Ursachen haben, wobei diese vom Betroffenen kaum beeinflusst werden können. Dabei hat eine Pflegebedürftigkeit verschiedene Aspekte:
- Sozialer Aspekt: Die Versorgung pflegebedürftiger Personen wird häufig von Angehörigen geleistet.
- Psychischer Aspekt: Pflegebedürftig zu werden, ist eine belastende Erfahrung für den Betroffenen. Mit der Pflegebedürftigkeit gehen oft Einschränkungen einher, welche die Lebensqualität vermindern. Zudem kann Pflegebedürftigkeit zur sozialen Isolation und Einsamkeit führen.
- Finanzieller Aspekt: Pflegebedürftigkeit ist teuer. Gleichzeitig sind in oft erheblicher Menge Eigenmittel aufzuwenden. Wenn kein ausreichendes Einkommen vorliegt, kann Pflegebedürftigkeit zur Verarmung führen. Kosten für Pflegeleistungen sind durch die Pflegeversicherung nicht vollständig abgedeckt.
- Gesellschaftlicher Aspekt: Bei der steigenden Anzahl der Pflegebedürftigen spielt auch der demografische Wandel, also die Zunahme der Menschen im Seniorenalter eine wesentliche Rolle. In den letzten Jahren sind die damit einher gehenden hohen Kosten deutlich geworden. Dadurch ergeben sich zunehmend gesellschaftliche Probleme (z.B. für das Finanzieren der Pflege), sowie Veränderungen im Umfang und in der Qualität der Pflege (z. B. durch Diabetes, Demenz usw.). Entsprechende Vorsorgekonzepte sind deshalb dringend notwendig. Gleichzeitig ist laut wissenschaftlicher Sicht eine aktive Gesundheitsvorsorge und öffentliche Aufklärung für eine gesunde Lebensführung notwendig, um vor Erkrankungen zu schützen und das Risiko von Pflegebedürftigkeit zu vermindern.